Dienstag, 12. Januar 2021
Ist das Thema Nachhaltigkeit bei institutionellen Investoren in der Schweiz schon fest verankert? Kommen erneuerbare Heizsysteme zum Tragen? Welche Faktoren beeinflussen die Entscheidung hinsichtlich des neuen Energieträgers? Mit diesen Fragen hat sich EPFL-Absolvent Simon Liebi in seiner Masterarbeit befasst.
Gebäude sind für 40% des Energieverbrauchs in der Schweiz verantwortlich. Aktuell sind immer noch etwa zwei Drittel aller Gebäude fossil geheizt (mit Erdöl oder Erdgas) und somit für 25% der inländischen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Wenn die Schweiz ihre Klimaziele erreichen will, ist ein Umstieg auf erneuerbare Energieträger bei der Wärmeerzeugung notwendig. Dies ist umso aktueller, als dass der Gebäudebereich von langen Zyklen geprägt ist. Wenn eine Heizung ersetzt wird, so ist dies meistens eine Entscheidung hinsichtlich des Energieträgers für die nächsten 20 Jahre, aufgrund der Lebensdauer des Wärmeerzeugers.
Im Rahmen der Masterarbeit wurden Interviews mit Entscheidungstragenden von 20 Schweizer Institutionen geführt, darunter einige der grössten institutionellen Investoren der Schweiz. Die Resultate dieser Interviews zeigen auf, dass das Thema Nachhaltigkeit und die Reduktion von Treibhausgasemissionen bei institutionellen Investoren ein grosses Thema ist. So hat denn auch eine Mehrheit der befragten bereits eine Nachhaltigkeitsstrategie auf Portfolioebene implementiert und ist darum bemüht, Emissionsreduktionen zu erreichen.
Die Nachhaltigkeitsstrategien sind jedoch oft auf einer Metaebene formuliert. Strikte Vorgaben zur Systemwahl oder Energieträgerwahl beim Ersatz der Wärmeerzeugung sind die Ausnahme. Die erwähnten Gründe dafür sind, dass es einfacher ist, Ziele auf hoher Flugebene und ein Gesamtziel zu formulieren. Durch diese Vorgehensweise bleibt Spielraum für Fälle, bei denen eine erneuerbare Lösung nicht oder nur sehr unwirtschaftlich möglich ist.
Die Arbeit zeigt auf, dass eine der Hauptschwierigkeiten beim Heizungsersatz die Bestimmung des Zeitpunktes ist. Die Heizung soll gemäss der Befragten möglichst bis zum «End-of-Life» betrieben, aber dennoch vorausschauend und koordiniert ersetzt werden, so dass das Notfallszenario verhindert werden kann, welches meist in einem 1:1-Ersatz endet.
Bei den Befragten werden – ausser im Notfallszenario – fast immer Abklärungen und Variantenstudien zum Heizungsersatz erarbeitet und ein Umstieg des Energieträgers in Betracht gezogen. Die Variantenstudie, in der zum Beispiel die technische Machbarkeit, die Bewilligungsfähigkeit und die Wirtschaftlichkeit verschiedener Varianten beschrieben wird, bildet dabei eine wichtige Grundlage für die Entscheidung zu Energieträger und Systemwahl.
Simon Liebi, Absolvent EPFL und Autor der Masterarbeit.
Folgende Faktoren beeinflussen gemäss der Studie von Simon Liebi die Entscheidung zu Energieträger und Systemwahl am stärksten:
Beispielvergleich der Jährlichen Heizkosten und CO2-Emissionen verschiedener Systeme
In Bezug auf die Lebenszykluskosten führen folgende Themen zu starker Variation der Resultate:
Als Beispiel bezüglich Fördergeldern sei die neue Klimaprämie von Energie Zukunft Schweiz und der Stiftung Klimaschutz und CO2-Kompensation anzuführen, welche nicht unerhebliche finanzielle Unterstützung für den Heizungsersatz bieten kann (Link siehe rechte Spalte). Mit einem gesamtschweizerisch gleichen Fördersatz und neuen Prozessen ist auch die administrative Abwicklung einfach und pragmatisch.
Die institutionellen Investoren sehen sich zwar selbst als wichtige und proaktive Akteure in der Dekarbonisierung des Gebäudeparks, arbeiten jedoch nur limitiert mit der öffentlichen Hand zusammen. Beispielsweise im Rahmen einer Fernwärmeabnahmegarantie oder bei der Entwicklung von grossen Arealen besteht weiteres optimierungspotenzial. Gemäss den Befragten sollte die öffentliche Hand sowie Energieversorgungsunternehmen vermehrt auf die institutionellen Investoren zugehen und diese zur Realisierung von zukunftsweisenden Projekten zur erneuerbaren Energiegewinnung an Bord holen.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass institutionelle Investoren den Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energieträger beim Heizungsersatz unterstützen und diesen auch vermehrt vollziehen. Die Schwierigkeiten, die sich dabei ergeben, sind sehr vielfältig und deren Bewältigung fordert Anstrengungen von allen Seiten. Kreative Lösungen von Ingenieuren und Beratungsbüros sind gleichermassen gefragt wie die Offenheit der institutionellen Investoren gegenüber Alternativen Energien und die Bereitschaft, höhere Investitionen (bei oftmals tieferen jährlichen Kosten) in Kauf zu nehmen.
Simon Liebi hat sich im Rahmen seiner Masterarbeit zwischen Februar und August 2020 an der École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) mit dem Thema Ersatz der Wärmeerzeugung in Liegenschaften von institutionellen Investoren auseinandergesetzt. Der Titel der Masterarbeit lautet: «Heizungsersatz in Liegenschaften von institutionellen Investoren: Ablauf, Einflussfaktoren und Entscheidungskompetenzen».
Die Arbeit wurde von Dr. Romano Wyss (EPFL), Prof. Dr. Claudia R. Binder (EPFL) und Alfons Schmid (Energie Zukunft Schweiz AG) begleitet.
Simon Liebi
Master of Science Energy Management and Sustainability, EPFL
Das Förderteam von Energie Zukunft Schweiz lanciert aktuell mehrere Programme, welche beim Ersatz einer fossilen Heizung einen grossen Teil der Investitionskosten von erneuerbaren Heizungslösungen übernehmen. Ab sofort können Projekte mit Holzheizungen eingereicht werden, die Förderung von Wärmepumpen ist ab April 2021 geplant.
Wir sind die innovativen Macherinnen und Macher der Energiewende und begleiten Sie bei der Umsetzung Ihrer CO2-Ziele. Eine neutrale Evaluation verschiedener Heizsysteme, inklusive erwartete Kosten, Co₂-Emissionen und Fördergelder liefert die ideale Entscheidungsgrundlage für einen Heizungsersatz. Unsere Expertinnen und Experten des Wärme-Teams beraten und unterstützen Sie gerne dabei.